Kennst du das auch? Manchmal weiß ich ganz genau, dass mir etwas oder auch jemand nicht gut tut. Jedes Mal spüre ich, wie meine Stimmung sich ändert, wie ich ein Engegefühl in der Brust bekomme, wie mir die Sprache wegbleibt, wie ich auch aggressiv werde, wie ich irgendwann einfach nur traurig bin…

Ich weiß, ich müsste etwas ändern. Doch ich tu’s einfach nicht. Nicht jetzt. Später. Vielleicht ändert sich ja doch unvorhergesehen noch alles zum Guten.

Vielleicht nehme ich erst einmal Abstand. Für eine gewisse Zeit. Vielleicht hilft das ja. Die Zeit heilt ja auch bekanntlich alle Wunden. Warum dann nicht auch das. Und zunächst sieht es auch so aus. Zunächst sieht alles besser oder wieder gut aus. Und ich probier’s noch einmal. Mache einfach wieder genauso weiter wie bisher. Doch hat sich wirklich etwas verändert?

Sehr bald stellt sich heraus, nein, irgendwie ist doch wieder alles beim Alten. Die Alltagsroutine ist zurück. Und – manchmal schneller, manchmal langsamer – kommen die alten Muster wieder zum Vorschein. Und dann geht es wieder los: Meine Stimmung ändert sich. Ich werde stiller, trauriger, und weiß zunächst nicht wirklich warum. Wobei das nicht ganz richtig ist. Irgendwie weiß ich schon, was gerade wieder passiert, doch allzu schnell möchte ich das noch nicht wahrhaben.

Denn es tut weh. Der vermeintliche Verlust einer liebgewonnen Gewohnheit oder Praxis, die uns einfach auch ersehnte Sicherheit gibt. Die vermeintliche Trennung von einem liebgewonnenen Menschen. Das tut weh und eigentlich möchte ich dieses liebgewonnene Gefühl nicht verlieren. Unter gar keinen Umständen…

Aber dableiben und alles so belassen wie es ist, geht auch nicht…

Schon vor etwa einem Jahr kamen die ersten körperlichen Anzeichen, die ersten körperlichen Symptome, die zunächst überhaupt nicht zuordenbar waren. Ein Gefühl von Schwäche, Müdigkeit, Engegefühl im Hals. Der Arzt konnte körperliche Ursachen ausschließen. Ok, das bedeutet aber, es ist etwas Seelisches.

Das wiederum bedeutet, ich muss mich damit auseinandersetzen, was die seelischen Ursachen für meine Symptome wirklich sind. Aber das tut weh.

Zumindest ist genau das die große Angst, die wir haben. Und so stellen wir uns dem nicht, verändern nichts.

Ich möchte nicht wieder und wieder durch dieses Leid gehen. Irgendwann muss sich doch einmal alles zum Guten wenden. Warum nicht jetzt?

 

Eine Floskel fällt mir ein:

Mit jedem Leid wächst man. Das war schon in der Kindheit so, in der wir nach jeder durchlebten Krankheit ein Stück reifer hervorgekommen sind.

Ein Zitat fällt mir ein, eines meiner liebsten von Albert Einstein:

 

 

 

 

 

 

Hilft das? Nein, nicht wirklich. Aber was hilft?

 

Irgendwann einfach mal stark sein! Für einen kurzen Moment.

Und sich bewusst werden, was gerade passiert, was ich nicht mehr möchte, was ich stattdessen möchte… und MEINEN Weg gehen!

 

Und was dann ganz wichtig ist, ich darf mir auch der Trauer bewusst werden. Denn wenn wir das loslassen oder verlieren, was wir lieben, dann tut das weh. Und das darf auch so sein. Wir sind traurig. Wir dürfen darüber trauern.

All dies ist ein ganz „natürlicher“ Vorgang. Auch wenn dieser Weg mit tiefem Schmerz und ständigen Zweifeln gepflastert ist. Ich möchte umkehren. Sofort. Ich möchte mein altes Leben mit den liebgewonnenen Gewohnheiten wieder haben. Ich möchte mich wieder in die Arme des geliebten Menschen werfen. Auch wenn ich genau weiß, wann dann geschehen wird. Trotzdem. Nur noch ein Mal.

Gut ist, wenn in diesem Moment die Trauer hervorbricht, sich Bahn bricht. Wie trauerst du? Fangen die Tränen an zu fließen und kannst du nicht mehr aufhören zu weinen? Wirst du wütend? Könntest du die ganze Welt in Trümmer legen?

 

Lass es zu! Natürlich ohne dich und/oder andere dabei körperlich oder psychisch zu verletzten. Werde dir bewusst, dass es sich um einen Vorgang des Trauern handelt und lass es zu.

Lass los, was alt und verbraucht ist und was nicht mehr in dein Leben gehört.

Es sind immer alte Muster, von denen wir uns nur sehr schwer trennen können. Wir leben diese Muster in unserem Alltag, in unseren Beziehungen, in unserem Job. Doch es sind immer unsere Muster und wenn wir diese Muster überlebt haben, wenn sie uns nicht mehr gut tun, ist das ein Hinweis darauf, dass wir sie ablegen dürfen…

Was wir aber auch dürfen ist, uns Hilfe holen. Wir dürfen uns Unterstützung holen, um Altes, Verbrauchtes abzulegen, abzustreifen, loszulassen. Und wenn das geschehen ist und die Trauer beginnt nachzulassen, dann können wir – irgendwann – unseren Weg kraftvoll weitergehen. Wir dürfen ihm eine neue Richtung geben. Eine Richtung, die unseren Neigungen und Wünsche, vielleicht unseren Sehnsüchten entspricht.

Und glücklich sein…

 

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