Außen Hui. Innen Pfui.

 

Eigentlich mag ich diesen Ausdruck – den kennt jeder, oder? – nicht. Denn er ist wertend. Und aus der Wertung ziehe ich mich immer wieder bewusst raus.

Doch es gibt nun einmal diesen Satz, und wenn er mir in den Kopf kommt, so hat das i.d.R. einen Sinn.

Was war der Trigger, der Auslöser, der mir diesen Ausdruck ins Gedächtnis gerufen hat?

Nun, ich habe mich seit langer Zeit mal wieder für einen spirituellen Online-Kongress angemeldet und verfolge nun seit einigen Tagen die Interviews, die im Rahmen des Kongresses ausgestrahlt werden. Ich schaue mir nur die an, von denen ich meine, dass sie für mich interessant sein könnten. Doch immer wieder stoße ich auf Vorträge, die ich dann doch nach 10 oder 20 Minuten wieder beende, das Fenster wieder schließe.

Letztlich hat mich das so sehr frustriert, dass ich den Kongress nicht bis zum Ende verfolgt, sondern mich vorzeitig wieder ausgetragen habe.

Es ist wohl nicht ganz fair, den Ausdruck Außen Hui. Innen Pfui. hier zu verwenden, da JEDER der Vortragenden von dem, was er berichtet, wirklich überzeugt ist und – wie es aussieht – seine Überzeugung auch wirklich lebt. Das möchte ich auch niemandem absprechen.

Außerdem habe ich die tiefe Überzeugung, dass jeder seinen Weg finden darf und jeder Weg seine Berechtigung hat.

Womit ich aber doch deutlich in den Widerstand gehe, ist der Eindruck, dass die Vortragenden zu vermitteln suchen, ihr Weg sei der einzig richtige. Durch den Bericht ihres Lebens- und damit oftmals ihres Leidensweges begründen sie dies.

Ein weiterer Eindruck, den sie vermitteln, ist, dass es ihnen seit dem Durchleben ihres Leids und der durchlebten Transformation nur noch sehr gut geht.

Beides ist jedoch leicht zu widerlegen, da es den richtigen Weg nicht gibt. Jeder Mensch ist einzigartig und individuell. Und so ist auch sein Entwicklungsweg. Wir (Heiler, Begleiter, Berater, Coaches, etc.) können Menschen begleiten, ihnen Impulse geben, sie ein Stück weit auf ihrem Weg führen, wenn sie mal hängen bleiben, aber letztendlich geht es in meinen Augen darum, ihnen dabei zu helfen, ihren eigenen Weg zu finden. Die Menschen dürfen sich ihres eigenen Weges bewusst werden, sie dürfen das Vertrauen in sich und ihren Weg finden, um ihn zu gehen.

Und ja, auch ich bin jemand, der mit seinem Wissen und seinen Erkenntnissen nach draußen geht. Der Grund ist schlichtweg der, ich darf gefunden werden. Ich darf anderen die Möglichkeit geben, mit mir in Resonanz zu gehen, mich zu finden und zu kontaktieren.

Und es ist auch mir ein Herzensanliegen geworden, Menschen auf ihrem Weg ein Stück weit zu begleiten. Doch immer sind es die Menschen selbst, die IHRE Erkenntnisse machen dürfen. Nicht ich bin diejenige, die ihnen die Erkenntnisse übermittelt.

Meine Aufgabe ist es, sie zu diesen Erkenntnissen zu führen, wobei es auch hier in der Verantwortung jedes einzelnen liegt, diese Erkenntnisse ins Bewusstsein hineinzulassen. Erst dann kann Transformation wirklich stattfinden.

 

Der Eindruck, dass es den Heilern der neuen Zeit nur noch gut geht, da sie auf dem Weg der Erlösung sind, ist schlichtweg nicht möglich. Wir leben in einer polaren Welt, in der es für alles und jeden einen Pol und einen Gegenpol gibt.

Denke ich weiter darüber nach, wird deutlich, dass die beiden Pole sich bedingen. Der eine Pol ist die Voraussetzung dafür, dass es den anderen Pol überhaupt gibt. Auch wenn wir gerne  den vermeintlich negativen Pol doch lieber unter den Teppich kehren und uns nach außen so geben, wie wir gerne von anderen gesehen werden möchten.

Da schließe ich mich gar nicht aus.

Wichtig ist in meine Augen nur, dass wir uns selbst gegenüber absolut ehrlich sind. Und den Teppich hin und wieder anheben, uns den „Dreck“ darunter anschauen, also hinschauen, worum es da für uns geht, das Thema dahinter erlösen und… weitergehen.

So integriere ich den Gegenpol wieder in mein Leben, denn ich habe verstanden, worum es dabei für mich geht. Ich bin wieder ein Stückchen ganzer, ein Stück weit heiler. Doch damit habe ich die polare Welt nicht verlassen, noch bin ich nicht erleuchtet, denn dann wäre ich wohl nicht mehr hier.

Ja, es gibt Menschen, die sind auf ihrem Erleuchtungsweg weiter als andere. Das sind die Menschen, die uns Lehrer sind. Doch auch sie haben ihre Themen zu bewältigen, was wir oftmals daran sehen, dass sie z.B. genau wie „normale“ Menschen an Krebs erkranken oder einen Herzinfarkt erleiden. Die Frage ist dann, wie gehen Menschen, die in ihrer Entwicklung bereits weit fortgeschritten sind, nun damit um?

Stephen Hawking hat einmal sinngemäß gesagt, gut dass mein Körper in diesem Zustand ist, sonst hätte ich niemals gedanklich diese Weiten und Tiefen erreichen können.

 

Doch was hat das alles mir dir zu tun?

Es soll dir Mut machen! Es soll dir zeigen, dass du mit deinen Themen, mit deinen Problemen, nicht allein bist, sondern dass jeder so mit seinen Themen zu tun hat.

Es soll dir auch zeigen, dass, selbst wenn du einer beeindruckenden Persönlichkeit begegnest, sie dir vielleicht sogar stark imponiert, du dir nichtsdestotrotz immer wieder bewusst machen darfst, dass diese Persönlichkeit genauso mit ihren Themen zu tun hat wie du. Niemand steht über einem anderen, niemand ist besser als jemand anderer. Und zumeist ist es sogar so, dass derjenige, mit dem du es zu tun hast, mit dir genauso in Resonanz ist wie du mit ihm.

Wenn ich z.B. spüre, dass ich mit einer Klientin oder einem Klienten sehr stark in Resonanz bin, dann schaue ich immer bei mir hin. Was ist mein Anteil an diesem Thema, dass da der Klient mitbringt. Ich kläre und erlöse diesen Anteil für mich, sodass ich unvoreingenommen mit meinen Klienten weiter an seinen Themen arbeiten kann.

 

Also habe den Mut, DEINEN Weg weiter zu gehen. Suche dir Unterstützung, wenn du das Gefühl hast, sie zu brauchen, und sei dankbar, ohne in Ehrfurcht zu geraten!

 

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